Bunte Schule Brake – Schule für selbstbestimmtes Lernen

Nach den Sommerferien hat die Bunte Schule Brake – die Schule für selbstbestimmtes Lernen ihre Aktivitäten aufgenommen. Die Schule befindet sich in der Wilhelmstraße 5, in dem Gebäude der ehemaligen Grundschule Harrien. Schulträger ist der Verein Freie Schule für selbstbestimmtes Lernen.

Die Bunte Schule Brake unterscheidet sich von den Regelschulen in nahezu allen Bereichen. „Die Kinder machen hier alles freiwillig und sie orientieren sich an den Erwachsenen“, sagt Felicitas Oetting, Pädagogischer Vorstand und Gründungsmitglied des Trägervereins. „Den Kindern werden verschiedene Angebote gemacht und sie suchen sich selbstständig aus, was sie davon machen wollen“, sagt Felicitas Oetting.  Dabei wird die Lernumgebung so gestaltet, dass sich die Kinder dort gerne beschäftigen. Es gibt keine typischen Klassenräume, wie an einer Regelschule, sondern Themenräume, in denen sich die Kinder beispielsweise kreativ betätigen oder mit Sachthemen auseinandersetzen können.

Ein jahrgangsübergreifendes Lernen ist hier auch möglich. Auch die Eltern werden an der Bunten Schule Brake mehr eingebunden, als an Regelschulen. So können Eltern den Kindern ebenfalls Angebote offerieren, unter anderem einmal in der Woche Seifenblasen machen, Backen, Kochen, Nähen oder Beete für den Schulgarten anzulegen. Die Kinder selbst haben ebenfalls die Möglichkeit, den anderen Kindern Angebote zu schaffen. Die Angebote sind auf 20 Minuten begrenzt und die Kinder können diese auch verlassen, wann immer sie möchten. „Dann müssen wir das nächste Mal Angebote schaffen, die spannender sind“, sagt Lernbegleiter Jonas Lietz.

Der Alltag in der Bunten Schule Brake beginnt mit dem Ankommen der Kinder in der Schule zwischen 7.30 und 8.30 Uhr. Zu Beginn jeden Tages gibt es entweder ein gemeinsames Frühstück oder einen Morgenkreis. Hier schauen die Lernbegleiter genau hin und sehen, ob es den Kindern gut geht oder ob eine Kind besondere Unterstützung benötigt. Es gibt keine regelmäßigen Pausen, die Kinder können jedoch auch im Laufe des Vormittags Essenspausen einlegen. Die Kinder brauchen keine Schulsachen von zuhause mitzubringen, da für sie alles in der Schule vorhanden ist. Dies gilt jedoch nicht für die Sportsachen. Die Sportstunden werden in der Turnhalle des Turnvereins Hammelwarden gegeben.

Einmal pro Woche gibt es eine Schulversammlung, in der mit den Kindern demokratisch abgestimmt wird, was gemeinsam gemacht wird, beispielsweise ein Ausflug zum Tier- und Freizeitpark Jaderberg, ob ein Kuscheltiertag oder Rückwärtstag eingelegt wird. Auch Anschaffungen wie Bastelmaterial wird zuvor mit den Kindern abgestimmt. Auch den Alltag entscheiden die Kinder mit, beispielsweise, was es morgens beim gemeinsamen Frühstück zum Essen gibt. „Alle Kinder sind von Grund auf gut und cool“, betont Jonas Lietz,  „Und sie sind gleichwürdig mit Erwachsenen.“ Auch im Lehrkörper gibt es keine Hierarchie. Zurzeit sind fünf Mitarbeitende an der Schule beschäftigt, die derzeit 13 Schüler begleiten. Ab 2025 werden es dann doppelt so viele Kinder sein.

„Wir haben hier auch schon gute Erfahrungen gemacht mit Kindern, die Schulangst haben“, sagt Lernbegleiterin Tanja Djupedal,  „Sobald sie hier an der Schule sind, gibt es den Druck nicht mehr, der vorher vorhanden war.“ In der Bunten Schule Brake gibt es keine Noten und keine Lernüberprüfungen, dennoch müssen die Lern-/Wegbegleiter auch hier den Lehrplan erfüllen. Stattdessen gibt es am Ende des Schuljahres eine Reflektion der Leistung. In einem persönlichen Brief von Felicitas Oetting erfährt jedes Kind nur eine positive Rückmeldung.

Derzeit hat die Bunte Schule Brake nur eine Bewilligung des Landesschulamtes für eine Grundschule. Ab Sommer 2025 soll auch noch eine Oberschule mit den Klassen fünf bis zehn dazukommen. Ein Versetzungserlass gilt für diese Schule nicht. Die Kinder können bis zur zehnten Klasse die Haupt- oder Realschulreife erreichen. Die Jugendlichen entscheiden selbst, ob sie einen Abschluss machen wollen oder nicht. Um an solch einer Prüfung teilzunehmen, müssen die Jugendlichen dann ein halbes Jahr vor Ende des Schuljahres zur Prüfung angemeldet werden. Somit  haben sie dann ein halbes Jahr Zeit, um sich auf die Prüfung – auch mithilfe der Lernbegleiter – vorzubereiten.

Wichtig sind vor allem auch die Eltern, die hinter dem Konzept der Schule stehen und das freie Leben und Lernen zuhause schon so erlebt haben. Das eigene Tempo beim Lernen ist für die Kinder wichtig. Außerdem helfen sich die Kinder auch gegenseitig. Die Finanzierung der Bunten Schule Brake ist die nächsten drei Jahre gesichert, allerdings muss der Gründungskredit der GLS-Bank über zehn Jahre zurückgezahlt werden. Dies ist so notwendig, da es bis dato keine Förderung vom Land Niedersachsen für die Bunte Schule gibt. Das Einzugsgebiet der Schule ist nicht vorgegeben. Dennoch kommen die Kinder aus der Wesermarsch und der angrenzenden Region. Es sind auch schon Familien aus Berlin und Nordrhein-Westfalen in die Wesermarsch gezogen, damit ihre Kinder hier auf die Schule gehen können.

Am 26. Oktober 2024 sind alle Interessierten für die Klassen eins bis sieben, von 14 bis 17 Uhr zu einem Infonachmittag in der Schule eingeladen. „Es bleibt noch viel zu tun, um die Schule zu sanieren. Hier haben sich schon mehrere Elternteams gefunden, die Schule umzugestalten und sich mit ihren Fähigkeiten einzubringen“, sagt Felicitas Oetting. Denn wenn im nächsten Jahr die Schülerinnen und Schüler für die Oberschule kommen, muss auch das Obergeschoss bereit sein. Fotos und Text: Kerstin Seeland