Die Freude am Gymnasium Geretsried in Bayern war groß, als dort bekannt gegeben wurde, dass Stephan Baur den Klaus-von-Klitzing-Preis 2024 erhält. Die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde ihm am 12. November während einer Feierstunde im EWE Forum Alte Fleiwa in Oldenburg durch Namensgeber und Nobelpreisträger Klaus von Klitzing überreicht. Über den in diesem Jahr erstmalig ausgelobten Sonderpreis für Grundschullehrkräfte konnte sich Maraike Kölpin aus Elsfleth in der Wesermarsch freuen. Durch das Programm führte die Moderatorin Lis Blume.
Stephan Baur hatte sich erfolgreich gegen 56 Mitbewerberinnen und Mitbewerber aus dem ganzen Bundesgebiet durchgesetzt und die Jury einhellig von sich und seinen Leistungen als Pädagoge und Lehrer für Mathematik, Physik und Informatik überzeugt. Der 44-jährige gebürtige Augsburger unterrichtet und begeistert seine Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 13 und ermöglicht ihnen regelmäßig interessante Erfahrungen bei Projekttagen und Wissenschaftswochen. Darüber hinaus setzt er sich auch international für Bildung und nachhaltige Entwicklung ein: Im Zentrum seines Engagements stehen seit vielen Jahren die Lophelling Boardingschool sowie das Rangeen Home Kinderheim in Nepal.
Die lebendige Partnerschaft mit der Schule in Nepal ermöglicht es zahlreichen Schülerinnen und Schülern am Gymnasium Geretsried aus verschiedenen Jahrgangsstufen, interkulturelle Erfahrungen zu sammeln. Seit 2009 haben bereits vier Begegnungsreisen nach Nepal stattgefunden. Zudem haben sich mehrere ehemalige Schülerinnen und Schüler – teils im Rahmen ihres Studiums an der TU München, teils in mehrmonatigen Aufenthalten nach dem Abitur – vor Ort darum gekümmert, angestoßene Projekte fortzuführen.
Stephan Baur pflegt darüber hinaus Kontakte zu Universitäten im In- und Ausland. Von seinem ehrenamtlichen Engagement profitieren zahlreiche Studierende in Afrika. Der Lehrer setzt sich an diversen Bildungseinrichtungen in Burkina Faso, Simbabwe sowie in Ghana und Togo dafür ein, Schülerinnen, Schülern und Studierenden an diversen Bildungseinrichtungen eine praxis- und alltagsnahe Ausbildung zu ermöglichen. Unter den Geförderten sind jährlich etwa 200 bis 300 Studierende am Burkina Faso Institute of Technology, ebenso Berufsschülerinnen und -schüler in der Ukraine.
Im Mittelpunkt steht für Stephan Baur jedoch die Verknüpfung von Theorie und Praxis: Er vermittelt sehr erfolgreich, dass fachliches Wissen und technisches Können eine Voraussetzung dafür sind, die Lebensverhältnisse vieler Menschen wirksam zu verbessern. Sein Physikunterricht vermittelt anschaulich und lebensnah, wie etwa Windräder, Solaranlagen oder Heizungen funktionieren.
Indem er diese Erkenntnisse zu erneuerbaren Energien mit realen Projekten in aller Welt verknüpft, vermittelt sein Unterricht eine besondere Glaubwürdigkeit. Die vielen jungen Menschen, die seine Projekte mit eigenen Ideen weiterführen, sind eindrucksvolle Belege für den nachhaltigen Erfolg von Stephan Baur.
„Stephan Baur versteht es, durch seinen engagierten und praxisnahen Unterricht für die MINT-Fächer zu begeistern. Er ist ein Lehrer, der fachlich und menschlich ein Vorbild ist – für die jungen Menschen aus aller Welt, denen er Mut macht, über sich hinauszuwachsen und sich für Nachhaltigkeit und interkulturelle Verständigung einzusetzen. Wir als Universität legen größten Wert darauf, genau solche herausragenden Kompetenzen bei unseren Lehramtsstudierenden früh und nachhaltig zu fördern“, erklärte Prof. Dr. Andrea Strübind, Vizepräsidentin der Universität Oldenburg für Studium und Lehre anlässlich der Preisverleihung.
Sonderpreis für Grundschullehrerin aus Elsfleth
Eine Besonderheit ist in diesem Jahr der anlässlich des Jubiläums von der EWE Stiftung ausgelobte Sonderpreis für engagierte Grundschullehrkräfte im Nordwesten: Aus acht Bewerbungen hat sich die Jury für Maraike Kölpin von der Grundschule Elsfleth entschieden, die schon die Kleinsten für Sachkunde und ganz besonders für Umweltthemen begeistert. Die mit 2.500 Euro dotierte Auszeichnung wurde der Preisträgerin ebenfalls von Professor Klaus von Klitzing persönlich überreicht.
Vera Weidemann, Vorstandsvorsitzende der EWE Stiftung, ergänzte: „Mit dem Klaus-von-Klitzing-Preis betonen die Universität Oldenburg und die EWE Stiftung seit 20 Jahren öffentlich, welche Bedeutung engagierte Lehrkräfte für die Bildungs- und Berufsbiografien unserer Kinder haben. Dabei hat ihr Stellenwert in Anbetracht von Fachkräftemangel und globalem Wettbewerb sogar stetig zugenommen: Denn mit Blick auf künftige Herausforderungen für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland ist es wichtiger denn je, in jungen Menschen frühzeitig Wissensdurst zu wecken und sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stärken. Gleichzeitig unterstreicht die Auszeichnung den Stellenwert von MINT-Disziplinen für den dauerhaften Erfolg zahlreicher Schlüsseltechnologien, insbesondere auch für die Energieversorgung der Zukunft.
Mit Stephan Baur zeichnen wir in diesem Jahr zudem eine Persönlichkeit aus, die sich mit ihren Partnerprojekten nicht nur erfolgreich für eine grenzüberschreitende Bildung und Qualifizierung, sondern auch für mehr Chancengerechtigkeit und internationale Verständigung einsetzt. Über schulische und nationale Grenzen hinweg zu denken und zu handeln, lässt alle Beteiligten über sich hinauswachsen und buchstäblich fürs Leben lernen.
Ebenso gratuliere ich Maraike Kölpin, die den mit 2.500 Euro dotierten regionalen Sonderpreis für Grundschullehrkräfte erhält. Sie vermittelt den Sachkundeunterricht an der Grundschule Elsfleth mit überdurchschnittlichem Enthusiasmus und inspirierender Kreativität. Das ist von besonderer Bedeutung, denn hier wird der Grundstein für Interesse und Spaß an MINT-Disziplinen gelegt.“
Der Jury gehören neben Physik-Nobelpreisträger Prof. Dr. Klaus von Klitzing Vertreterinnen und Vertreter der Universität Oldenburg, der IHK Oldenburg, der EWE Stiftung, der Wirtschaftsförderung Wesermarsch auch die neue Schulleiterin der Graf-Anton-Günther-Schule, Nicole Voigtländer-Kunze, an. Klaus von Klitzing, der die ersten Jahre seiner Schulzeit in Oldenburg verbrachte, ist unter anderem Direktor am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und Mitglied des Internationalen Solvay Instituts. Darüber hinaus ist er Jury-Mitglied des Wittgenstein-Preises, den die Österreichische Forschungsgemeinschaft vergibt. 1980 entdeckte er einen neuen Quanteneffekt und erhielt dafür 1985 den Nobelpreis für Physik. Die nach ihm benannte Von-Klitzing-Konstante beeinflusste wesentlich die moderne Halbleiterentwicklung und die Präzisionsmesstechnik. 2006 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Oldenburg, die in diesem Jahr ihr 50jähriges Bestehen feiert. (pm/lr)