19.09.2024, Lokalredaktion
Technisches Duplikat der neuen Friesenbrücke spart Ressourcen und Zeit • Vorgezogener Baubeginn möglich • Inbetriebnahme voraussichtlich Ende 2027/Anfang 2028 • Planfeststellungsantrag soll im Herbst eingereicht werden
Die Deutsche Bahn (DB) geht bei der Beschleunigung des Neubaus der Huntebrücke innovative Wege. Um die Zeit bis zur Fertigstellung der für die Schifffahrt dringend benötigten, beweglichen Eisenbahnbrücke über die Hunte bei Elsfleth zu verkürzen, greifen die Expert:innen der DB auf ihr Know-how bei einem anderen Brückenneubau zurück: die benachbarte Friesenbrücke. Europas künftig größte Hub-Drehbrücke wird derzeit über die Ems bei Weener gebaut und im kommenden Jahr in Betrieb gehen. Als technisches Duplikat soll nun auch die neue Huntebrücke errichtet werden. Erste Pläne dazu wurden gestern bei einer Infoveranstaltung in Elsfleth vorgestellt.
Noch im Herbst will die DB einen entsprechenden Planfeststellungsantrag beim Eisenbahn-Bundesamt einreichen. Parallel werden die Ausschreibungsunterlagen für eine europaweite Vergabe im Wettbewerb erstellt. Eine baugleiche Zwillingsbrücke über die Hunte ist dank vergleichbarer geographischer Begebenheiten und technischer Randbedingungen möglich und hat den Vorteil, dass intensive Planungs- und Entwicklungsarbeit nicht noch einmal erfolgen muss. Außerdem kann die DB auf bekannte Technologien, Logistik und Montageflächen zurückgreifen. Abläufe, Genehmigungsprozedere und die gesamte Umsetzung können so stark beschleunigt und rund drei Jahre Zeit gespart werden. Ziel ist ein möglichst zeitnaher Baubeginn und eine Inbetriebnahme Ende 2027/Anfang 2028.
Ute Plambeck, DB-Konzernbevollmächtigte für Niedersachsen und Bremen: „Einmal mehr zeigt unser Team vor Ort, wie mit viel Energie, Überzeugung und Einsatz für eine starke Schiene und die Verkehrswende noch mehr Tempo bei dringend benötigten Neubauprojekten möglich wird. Die Friesenbrücke ist ein technisches Unikat und als Beispiel für hohe Ingenieurskunst weit über die Grenzen Niedersachsens bekannt. Diese Expertise nun beim Neubau Huntebrücke zu nutzen, spart nicht nur wichtige Zeit, sondern auch Ressourcen. Mit dem Vorhaben setzen wir gemeinsam mit Land, Bund und allen beteiligten Partnern ein klares Zeichen, dass wir uns der Bedeutung der Brücke nicht nur für den Schienenverkehr in der Region, sondern auch für die betroffenen Häfen und der Schifffahrt bewusst sind.“
Der Neubau des drehbaren Bestandbauwerks aus dem Jahr 1927 befand sich ohnehin bereits in der Vorplanung; die Inbetriebnahme war bisher für 2030 vorgesehen. Nach der erneuten Schiffskollision binnen weniger Monate und dadurch bedingt dem Einsatz starrer, provisorischer Hilfsbrücken, ist der Hafen Oldenburg nur stark eingeschränkt anlaufbar. Seeschiffe können die Hunte ab Elsfleth nicht mehr passieren. Binnenschiffe können die Brücke nur tideabhängig unterfahren. Die starren Hilfsbrücken müssen daher schnellstmöglich durch einen beweglichen Brückenneubau ersetzt werden.
Seit der ersten Havarie Ende Februar steht die Deutsche Bahn im intensiven und regelmäßigen Austausch mit ihren Projektpartnern Land Niedersachsen, Bund, den Vertreter:innen der angrenzenden Kommunen sowie dem Kreuzungspartner Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA), um den Neubau zu beschleunigen und Finanzierungsfragen zu klären.
Die Durchfahrtshöhe der neuen Brücke wird auf Verlangen der Wasserstraße um 1,93 Meter größer sein als bei der alten Bestandsbrücke; zudem soll die Fahrrinne für die Schifffahrt auf mindestens 42 Meter verbreitert werden. Durch die Erhöhung der Brücke verbessert sich auch die Sicherheit und die Brücke muss seltener für Schiffe geöffnet werden.
Die Vorzugsvariante der neuen Bahntrasse verläuft leicht westlich versetzt zur bestehenden Bestandsstrecke, daher kann der Bahnbetrieb über die provisorische Behelfsbrücke parallel zu den Arbeiten für die neue Brücke weiterlaufen. Die neue Brücke wird wie die Bestandsbrücke eingleisig sein. In der Genehmigungsplanung ist seitlich am Brückenbauwerk befestigt auch ein möglicher Geh- und Radweg berücksichtigt. (pm/lr)
Quelle: Deutsche Bahn – Vorbild Friesenbrücke bei Weener (Visualisierung, links neu, rechts alt). Als technisches Duplikat soll die neue Huntebrücke errichtet werden.