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Landkreis Wesermarsch
Sozialpsychiatrische Dienst hat zum fachlichen Austausch eingeladen
14.11.2024, Lokalredaktion
„Ich bin ich – Ich bin mehr als meine Diagnose“ hieß der Film von Andrea Rothenburg, der einem Fachpublikum am Mittwoch im Theater Fatale vorgeführt wurde. Im Rahmen der Woche der seelischen Gesundheit hatte Klaus Brose vom sozialpsychiatrische Dienst des Landkreises Wesermarsch alle Institutionen, die mit speziellen Erkrankungen zu tun haben und sich wünschen, dass sich an der aktuellen Situation etwas verändert, eingeladen. Mit dabei war auch Andreas Rothenburg, Tochter eines Psychiaters aus Hamburg und Vorsitzende von „Psychiatrie in Bewegung“. Sie hat auch das „grüne Schleife-Symbol“ entwickelt, das auf Ansprechpersonen hinweist, die für psychisch Erkrankte ein offenes Ohr haben.
Der Film, der an diesem Abend mit Mittelpunkt stand, erzählt von Menschen, die eine psychische Erkrankung hatten und wie sie mit der Situation umgegangen sind. So heißt es, dass fast jeder dritte Mensch im Laufe seines Lebens an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung leidet. Dazu zählen Depressionen, Borderline, bipolare Störungen, ADHS, Trauma, Zwänge, Ängste, Süchte, Schizophrenie, Psychosen und mehr. In dem Film stehen mehr als 50 Menschen, Erfahrene, Angehörige als auch Fachleute vor der Kamera und zeigen, wie auch krisenerfahrene Psychiater, Gesicht.
Der sozialpsychiatrische Dienst hatte eingeladen, um über die Situation im Landkreis zu sprechen. „Betroffene, die einen Termin bei einem Psychiater oder Psychologen benötigen, müssen momentan sechs bis neun Monate warten. Für Kinder und Jugendliche sieht es noch schlimmer aus, denn sie müssen nach Oldenburg oder Bremen fahren, um Hilfe zu bekommen. „Die Fallzahlen nehmen stetig zu“, sagt Klaus Brose, „Dennoch gibt es in der Wesermarsch keine Krisenteams und auch kein Krisenplan.“ So wird dann versucht, Betroffene über den Hausarzt anzubehandeln. Gegebenenfalls kann noch die ambulante psychiatrische Pflege greifen.
Die Hilfe kann nicht greifen, die Krankenhäuser sind voll und in der Karl-Jasper-Klinik gibt es keinen Notfalldienst. „Hier muss dann auf einen Arzt der kassenärztlichen Vereinigung gewartet werden“, berichtet Klaus Brose. „Wir rutschen in eine Versorgungslücke hinein, das ist mehr als besorgniserregend.“ Hinzu kommt, dass die kassenärztliche Vereinigung nicht möchte, dass Ärzte zu den Patienten rausfahren, damit ist auch keine psychiatrische Notfallversorgung gewährleistet.
Der sozialpsychiatrische Verbund (SPV) repräsentiert das Fachpersonal aus den Bereichen Psychiatrie, Sucht sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie. Eine gute Versorgung durch diese Bereiche ist ein Garant für ein selbstbestimmtes Leben betroffener Personen.
Edith Witt von Rose 12, Fachsprecherin Sucht, berichtet, dass durch Corona die Fallzahlen im Bereich Sucht zugenommen haben, insbesondere beim Alkohol und Betäubungsmitteln. Auch die psychische Belastung hat zugenommen. In dieser Zeit haben sich telefonische- und online-Beratungen etabliert. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die Nachwuchssorgen in den Selbsthilfegruppen und den Mangel an Entgiftungsplätzen in der Wesermarsch. „Es wäre wünschenswert, wenn die beiden Krankenhäuser in Brake und Nordenham Plätze dafür zur Verfügung stellen könnte.“ Kinder und Jugendliche können für diesen Fall beim Wichernstift untergebracht werden.
Karin Deppe von der Caritas, Sprecherin für den Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie bemängelt, dass es seit Jahren keine fachärztliche Praxis in der Wesermarsch gibt. Auch bei Kindern und Jugendlichen ist ein Anstieg von psychischen Störungen festzustellen. Teilweise sind es Kinder, deren Eltern auch schon unter psychischen Störungen leiden. Auch sie kritisiert, dass betroffene Kinder und Jugendliche weite Wege in Anspruch nehmen müssen, um Hilfe zu erhalten, auf die sie dann auch noch monatelang warten müssen. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Jugendamt liegt in diesem Bereich auch vor. (Foto und Text: Kerstin Seeland – Titelfoto: v.l. Klaus Brose, Edith Witt, Karin Deppe und Andrea Rothenburg)