01.07.2024, Lokalredaktion
Es ist ein historischer Tag und vor allem die Akteure, die sich dafür eingesetzt haben, feierten ihn: Seit 1. Juli können sich Frauen von 70 bis 75 Jahren im Mammomobil untersuchen lassen. Krebsvorsorge und Prävention darf nicht mit 69 Jahren aufhören. Die erste Frau, die sich untersuchen lassen konnte, ist Ursula Schinski, 72 Jahre, aus Brake.
„Es ist ein großes Geschenk, dass ich die erste Mammographie mit Ursula Schinski durchführen kann“, sagt Birgitt Kampen-Neumann vom MammoBis75-Team, das gerade in Lemwerder, vor dem Rathaus, seinen Standort hat. Die Ausdehnung der Untersuchung bis zum Alter von 75 Jahren betrifft jetzt rund 20 Prozent mehr Frauen, als noch bis zum Alter von 69 Jahren. In ganz Niedersachsen sind dies rund 30.000 Frauen, so dass künftig etwa 182.000 Frauen im Alter von 50 bis 75 Jahren alle zwei Jahre zu der Untersuchung eingeladen werden. Die regelmäßige Einladung wird frühestens ab Januar 2025 erfolgen.
Zu den Gratulanten an diesem Tag gehörte auch Sindy Nestler, Sozialdezernentin des Landkreises Wesermarsch. „Prävention und Vorsorge sind für uns große Bausteine in der Gesundheitsversorgung“, unterstrich die Sozialdezernentin. Dass die Aktion so umgesetzt werden konnte, ist vor allem dem Engagement der Landfrauenvereine zu verdanken. „Wir haben uns ganz stark dafür eingesetzt, viele Unterschriften gesammelt“, bekräftigt Ute Cornelius, Vorsitzende der KreisLandFrauen Wesermarsch, „Durch unsere Frauenpower haben wir viel erreicht.“ Nur so war es möglich, die Voraussetzung für eine Petition an den Bundestag zu schaffen.
Es begann alles vor fünf Jahren, als eine 80-jährige Landfrau aus Friesland an Brustkrebs erkrankte und sich fragte, warum die Untersuchungen im Mammomobil nur bis 69 Jahre gingen. Als das Mammomobil in Schortes vor Ort war, trafen sich die Landfrau und Birgitt Kampen-Neumann sowie die Gleichstellungsbeauftragte und der Stein kam ins Rollen. Es fanden sich schnell Gleichgesinnte und es wurden dann auch schnell mehr als 80.000 Unterschriften gesammelt, die per Boten – mitten in Corona – dann nach Berlin und persönlich überbracht wurden. Diese Aktion wurde auch von Politikerinne vor Ort, wie Karin Logemann und Astrid Grotelüschen unterstützt.
Im vergangenen Jahr wurde dann die Petition positiv beschieden und das Bundesamt für Strahlenschutz – wegen des Röntgens der Frauen – stimmt im Februar 2024 ebenfalls zu, so dass der Startschuss für die Untersuchung bis 75 Jahre am 1. Juli gefallen ist. „Interessierte Frauen können sich jetzt bei der zentralen Verteilerstelle anmelden“, informierte Dr. Gerold Hecht vom Refenzzentrum Mammographie Nord Oldenburg, der den Prozess von Beginn an begleitet hat. Er berichtete zudem, dass auch ein Screeningprogramm für Frauen ab 45 Jahren in Planung sei, dies würde auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Warum es nicht auch für Frauen über 75 Jahren möglich sei, wurde er gefragt. Der Mediziner wies darauf hin, dass die Tastuntersuchung beim Frauen- bzw. Hausarzt in diesem Altern genauso sinnvoll sei, da Tumore in diesem Alter langsamer wachsen, als bei jüngeren Frauen.
„Frauen haben Ängste, wenn sie noch nie eine Mammographie gemacht haben“, sagt Bianca Janssen vom MammoBis75-Team, „Doch wir holen die Frauen da ab, wo sie sind. Und wenn sie einmal bei uns waren, dann kommen sich auch wieder.“
Jetzt gilt es, Werbung zu machen, damit alle Frauen von 70 bis 75 Jahren darüber informiert werden, dass sie sich untersuchen lassen können. (Fotos und Text: Kerstin Seeland)