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12.01.2025, Lokalredaktion
Es sind Temperaturen, bei denen sich die Menschen dicke Winterjacken anziehen, Mützen aufsetzen und den Schal noch etwas enger binden. Genau das richtige Wetter für einen Golzwarder, der ein ausgefallenes Hobby hat. Imer Blakqori machte sich am Neujahrsmorgen auf den Weg nach Burhave, denn dort soll um 13 Uhr das Neujahrsschwimmen in der Nordseelagune stattfinden. Was er jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, ist, dass aufgrund der Wetterlage das Neujahrsschwimmen kurzfristig abgesagt wurde. Also stand Imer Blakqori kurz vor 13 Uhr ganz alleine an der Lagune. Dass niemand vor Ort war, hielt ihn nicht davon ab, das zu machen, wofür er den Weg von Golzwarden auf sich genommen hatte. Kurzerhand zieht sich bis auf die Badehose aus und geht ganz gemächlich in das eiskalte Wasser baden.
Nur wenige Tage später begleite ich ihn, denn ich kann mir kaum vorstellen, bei Minusgraden in eiskaltes Wasser zu steigen. Ich hole ihn aus am frühen Nachmittag aus Golzwarden ab, die Sonne scheint, aber es ist eiskalt. Auf dem Weg nach Eckwarderhörne berichtet mit der 51-Jährige, dass er erst vor knapp einem Jahr mit dem Schwimmen im eiskalten Wasser begonnen hat. Manchmal ist auch sein achtjährigen Sohn mit dabei, doch heute ist er lieber zu Hause geblieben.

Imer Blakqori erzählt mir, dass er vor 20 Jahren nach Deutschland gekommen ist und zunächst in Berne gewohnt hat, bevor nach Brake kam. Er arbeitet als Bauingenieur in der Firma seines Bruders Behxhet Blakqori, in Hammelwarden. Mit seiner zweiten Frau und seinem Sohn lebt er jetzt schon einige Jahre in Golzwarden.
Während der Fahrt lernen wir uns ein wenig kennen und er berichtet, dass ihn das Eisbaden schon länger fasziniert hat. In verschiedenen Urlauben im letzten Jahr hat er sich immer wieder ins eiskalte Wasser getraut. „Es tut mir gut“, sagt er, während ich schon beim Gedanken daran friere.

Knapp 40 Minuten später sind wir in Eckwarderhörne angekommen. Die Temperatur liegt zwischen -2 und -3 Grad und der Wind an der Küste hat ganz schön aufgefrischt. Die Sonne ist kaum noch zu sehen und dass mir war ist, kann ich nicht behaupten.
Wir steigen aus dem Auto aus und ich ziehe meine Winterjacke noch ein wenig enger zu. Dann begeben wir uns runter ans Wasser und Imer Blakqori schaut über die Nordsee. Die Sicht ist gut, wir können bis nach Wilhelmshaven sehen, die Pieranlagen ragen deutlich am Horizont hervor. Meine Nase ist von der kalten Luft schon ganz rot, meine Hände vergrabe ich in der Jacke.
Während ich versuche, so zu stehen, dass der kalte Wind mir nicht permanent ins Gesicht pustet, zieht sich Imer Blakqori bis auf die Badehose aus und geht einfach am Geländer entlang in Wasser hinein, ohne sich vorher langsam an die kalten Temperaturen zu gewöhnen. Dabei strahlt er übers ganze Gesicht. Es ist Hochwasser, er braucht nur ein paar Schritte und schon steht er bis zum Hals im Wasser. Doch das reicht ihm nicht, nur im Wasser zu stehen, schnell macht er ein paar ordentliche Schwimmzüge. Kaum habe ich mich an den Anblick des Mannes im eiskalten Wasser gewöhnt, schon taucht er unter und mich überläuft erneut ein eiskalter Schauer.

Nach ein paar Minuten kommt Imer Blakqori aus dem Wasser heraus und fragt mich, ob er schon rot aussieht. Das musste ich verneinen. Er überlegte einen Moment und sagte, dass er noch einmal ins Wasser gehen wird.
Sagt es, verschwindet ein zweites Mal in den Fluten und bleibt wieder einige Minuten im Wasser, schwimmt ein paar Mal hin und her und kommt dann langsam wieder heraus.
Während ich mir kaum vorstellen kann, wie kalt mir in dieser Situation wäre und wie sehr ich frieren würde, trocknet er sich ganz gemächlich ab, steigt in eine Skihose, warme Stiefel und eine wärmende Jacke. Dann machen wir uns wieder zurück zum Auto.
Ich frage ihn, ob er denn etwas Heißes zum Trinken dabei hätte, was er allerdings verneint. Einen heißen Kakao oder einen Tee mitzunehmen, hatte ich auch nicht gedacht, da ich der Meinung war, dass das der Schwimmer selbst macht.
Die Heizung in meinem Auto steht auf 22 Grad und pustet ordentlich warme Luft in den Innenraum. Nach ein paar Minuten ist mir bereits ordentlich warm, und Imer Blakqori beginnt zu zittern. Ich schaue ihn fragend an. „Alles ganz normal, dass ist danach immer so, aber es dauert nicht lange und der Körper beginnt sich zu akklimatisieren und wärmer zu werden“, erklärt er mir.

Ich bin auf jeden Fall schwer beeindruckt, angesichts dessen, was ich gerade gesehen habe. Vermutlich würde ich nicht einmal einen Fuß in das eiskalte Wasser setzen. Imer Blakqori indes freut sich über den Ausflug und dass er wieder einmal im Wasser war. Schon jetzt denkt er darüber nach, wann er auch mal wieder so richtig eisbaden kann. Wenn rund um ihn die Eisschollen schwimmen, die Sonne Scheint und das Land mit Schnee überzogen ist, dann ist Eisbaden besonders schön.
Eisschollen gab es in der Nordsee allerdings nicht und der Schnee war leider am Nachmittag schon geschmolzen, aber für mich war das auf jeden Fall eine spannende Erfahrung, jemanden zu beobachten, der so entspannt in eiskaltes Wasser steigt und völlig entspannt wieder herauskommt, genau so, als wenn ich bei mindestens 20 Grad im Sommer, in meinem Pool krabbeln würde. (Fotos und Text: Kerstin Seeland)